Resonanz
Malte Tschörtner im Interview: Die Bavaria Towers – das „Neue Tor zu München“
veröffentlicht bei Neubau Immobilien
In die Konzeptionierung des jüngsten Münchner Immobilien-Highlights, die Bavaria Towers, wurde viel Zeit, Sorgfalt und Kreativität investiert – mit Erfolg: denn nun wertet das mehrfach preisgekrönte Hochhaus-Ensemble das Münchner Stadtbild auf und gilt als das „Neue Tor zu München“. Wir haben mit Malte Tschörtner dem für die Innenarchitektur verantwortlichen Architekten der 3 Büro-Tower und geschäftsführenden Gesellschafter und Spezialisten für das Thema Arbeitswelten und Büroarchitektur bei CSMM, über seine spannende Arbeit an dem Projekt gesprochen.
Auf Ihrer Website schreiben Sie, dass die Bavaria Towers nicht nur das neue Tor nach München, sondern auch das Tor in eine neue Arbeitswelt sind. Was genau ist damit gemeint?
Malte Tschörtner: Bei der Konzeptionierung der 3 Bürotürme, für die wir zuständig waren – der Hotelturm somit ausgenommen – gab es drei Kern-Themen bzw. Entwurfstreiber: Diversität, Hybridisierung und Möglichkeitsraum. Bei der Diversität war es uns wichtig, unterschiedliche Angebote an Arbeitswelten für verschiedene Nutzergruppen zu konzipieren die sich in den 3 Türmen widerspiegeln. Die 3 Türme unterscheiden sich also bei der Auswahl der Materialien, der Ausstattung und in der grundlegenden Frage „Wen möchte ich ansprechen?“. Das zweite Thema ist die Hybridisierung – hier wurde versucht keine Monokultur aus reinen Büroflächen zu generieren, sondern eine hybride Nutzungsstruktur unterzubringen, um dem geänderten Bedarf der Nutzer gerecht zu werden. Durch die Lage am Stadtrand Münchens, war es uns zudem sehr wichtig eine gute Infrastruktur zu schaffen. Mit einer Apotheke, einem Bistro, Café, Supermarkt und einer Kita sollte hier ein einzigartiges Arbeitsumfeld umgesetzt werden. Das dritte Thema ist das Kernthema: Die Arbeitswelt an sich. Hier haben wir uns bei den Flächen vorgenommen, dass der Nutzer eine aktuelle Antwort auf das Thema „moderne Arbeitswelten“ bekommt. Wir nennen das auch Möglichkeitsraum – Büroflächen zu kreieren, die den Anforderungen gerecht werden, aber so flexibel sind, dass sie individuell auf die Bedürfnisse der Nutzer eingehen können.
Wie können wir uns den Entwicklungsprozess für die Konzeption der 3 Büro-Tower vorstellen? Hatte die Bayern Project Gruppe schon konkrete Vorstellungen?
Die Bayern Projekt Gruppe betreute und entwickelte das Projekt schon über einen sehr langen Zeitraum. Der Geschäftsführer hatte das Areal bestimmt schon 20 Jahre im Auge und wollte mit der strategischen Lage, vor den Toren Münchens, etwas Neues schaffen. Zusammen mit der Stadt München wurde hierzu ein Wettbewerb ausgerufen, bei dem die Nieto Sobejano Architekten als Sieger hervorgegangen sind und 4 Türme konzipiert haben. CSMM-Architekten sind schon in der frühen Phase hinzugekommen und durften die Erfahrungen aus der Nutzerperspektive einbringen. Wir haben uns sehr stark mit dem Thema Büroflächenkonfigurationen auseinandergesetzt – das war unser Input für die Türme. Hier kommen unter anderem Fragen auf, wie „Wie groß und tief dürfen die Gebäudeflächen sein?“. Letztendlich durften wir für den Innenraum, die Allgemeinflächen und Foyers einen übergeordneten gestalterischen Ansatz für das Interior Design umsetzen, der zur Architektur der Bavaria Towers passt. Die Idee, einen eigenständigen Quartiersplatz mit gleichzeitig unterschiedlichen Gebäuden zu schaffen, hat uns von Anfang an angetrieben.
Was war Ihr Anspruch bei der Planung der Bavaria Towers, welche Herausforderungen gab es?
Die größte Herausforderung als Planer ist es, bei einem preisgekrönten Wettbewerbsentwurf einen guten Beitrag zu leisten und dem ganzen Projekt mit der hochkarätigen Architektur ein würdiges Inneres zu verleihen. Eine weitere Schwierigkeit war die Entwicklung einer einheitlichen Architektur innerhalb des Ensemble-Charakters zu entwickeln – ohne dass es beliebig wirkt. Uns war es wichtig, dass sich die Nutzer gut abgeholt fühlen und die richtigen Funktionen vorfinden.
Was macht die Tower so einzigartig und unterscheidet das Projekt von anderen Bürowelten?
Der Ensemble-Charakter ist einzigartig und bei Hochhäusern in Deutschland noch recht neu. Wir Architekten hatten die Chance für unterschiedliche Nutzer individuelle Arbeitswelten zu schaffen. Diese drei Linien, haben Auswirkung auf die Ausstattung der Büroflächen und auch auf das Angebot, das mit der Baubeschreibung definiert wurde sowie auf die Ausstattung der Lobbies.
Jedes Interior der 3 Türme ist unterschiedlich konzipiert. Wie unterscheiden sich die 3 Türme?
Die Türme sind sich ähnlich, aber dennoch nicht gleich und haben verschiedene Höhen und Footprints, also Geschossflächen. Aufgrund der unterschiedlichen Höhen variieren auch die Kernzonen mit ihrer Anzahl von Aufzügen und Fluchttreppen. Obwohl wir drei unterschiedliche Zielgruppen ansprechen wollen, muss eine einheitliche Sprache für das Gesamtkonzept der Türme im Vordergrund stehen.
Der Star-Tower soll die „Stars von Morgen“ ansprechen – die eher jugendlichen Nutzer, die agiles Arbeiten gewöhnt sind und andere Prozesse haben als zum Beispiel eine Anwaltskanzlei. Generell war es das Ziel, hier einen Coworking Space zu kreieren, bei dem verschiedene Firmen morgens einen gemeinsamen Startpunkt haben. Deshalb hat die Lobby hier beispielsweise einen Barista. Auch eine Apotheke und eine Kita wurde geplant und im ersten Stock, im Co-Working-Bereich, soll es einen Konferenzraum geben, den man auf Wunsch buchen kann. Auch die Materialien mit nachhaltigeren, strukturierten Oberflächen haben wir auf die Zielgruppe angepasst.
Bei dem Blue Tower, dem mittelhohen Turm, war eine Lobby mit Aquarium geplant sowie Co-Eating-Bereiche, wo jeder die Möglichkeit hat, sein eigenes Essen in Gemeinschaft zu verzehren. Der Gedanke war hier, dass die Menschen entspannt konsumieren können, ohne unbedingt etwas kaufen zu müssen. Außerdem hatten wir hier ein Daily und ein Bistro und im ersten Stock wieder eine übergeordnete Konferenzzone geplant – etwas funktionaler und anders aufgeteilt als im Star Tower.
Der Sky Tower, der Executive Turm, spricht eher konservativere Nutzer wie Kanzleien an. Hier wollten wir ein Foyer mit Hotel-Charakter und einem Concierge-Service schaffen. In diesem Tower gibt es eine Lobby mit Kamin, einen Buchladen für Inspirationen sowie eine schöne Kantine, die von Leonardi betrieben wird.
Sie haben mit dem spanischen Architekten-Duo Nieto Sobejano Arquitectos, welches für die innovative Architektur bzw. die Designsprache der Türme zuständig war, zusammengearbeitet.
Konnten Sie Ihre Vorstellungen unter einen Hut bekommen, wie lief die Arbeit ab?
Wir haben uns sehr gut verstanden und ergänzt. Die größte Herausforderung lag vielmehr in der Projektstruktur. Diese sah vor, dass die Realisierung der Türme von Nieto Sobejano Arquitectos (NSA) im Rahmen der Vergabestrategie an zwei verschiedene Totalunternehmen übergeht, die dann auch für verschiedene Planungsfortschreibungen verantwortlich sind. Hier mussten NSA natürlich ein Stück weit von ihrer Planungshoheit abgeben, wie auch wir von CSMM. Wichtig war, dass die innenarchitektonische und hochbauseitige Planung unsere Kerngedanken und Qualitätsansprüche mittransportiert und diese in unserem Sinne realisiert wurde. Das hat letztendlich gut geklappt und war sehr harmonisch.
Sie haben den „Iconic Award 2020: Innovative Architecture – Selection“ und den „German Design Award 2021“ mit 4 Auszeichnungen erhalten. Für was genau stehen die Auszeichnungen? Gerne würden wir mehr erfahren.
Der Iconic Award 2020: CSMM entwickelte für die drei Bürotürme der Bavaria Towers individuelle Infrastruktur- und Gestaltungskonzepte im Inneren. Mit Blick auf die nutzerorientierte Vermarktung schuf CSMM für jeden der drei Bürotürme ein individuelles Corporate-Interior-Konzept für die öffentlichen Bereiche. CSMM übersetzte die Anforderungen von drei unterschiedlichen Konzepten für die Positionierung des Projekts in verschiedene Designsprachen bei Foyers und Büroflächen: Efficient & Modern lautet die Devise im Blue Tower, Young & Innovative im Star Tower und Executive & Stylish im Sky Tower.
4x German Design Award 2021 für folgende Projekte:
- Revitalisierung der Münchner Büroimmobilie „Fritz" von QUEST Investment Partners
- Konzept und innenarchitektonische Planung für Bavaria Towers von Entwickler Bayern Projekt GmbH
- Transformation eines Bestandsbüros für Start-Up Bosch SAST
- Bürokonzept für DLA Piper im Frankfurter WINX Tower
Was müssen Büroimmobilien und Arbeitswelten heute und zukünftig alles erfüllen, was definiert das ideale Arbeitsumfeld Ihrer Meinung nach?
Das Wechselspiel zwischen digitaler Zurückgezogenheit sowie offenem Austausch im Office war vor der Pandemie schon Thema. Funktionale Büros werden in der Zeit nach COVID noch wichtiger werden. Je mehr das Home-Office zum Arbeitsalltag wird, desto mehr benötigen Mitarbeiter an ihren Bürotagen Orte, um sich vertrauensvoll zu begegnen und sich auszutauschen. Die Herausforderung: Diese Orte müssen ausreichend Platz bieten. Zudem müssen sie neuen und künftigen Anforderungen an die Belüftung gerecht werden. Büros sollten in Zukunft mindestens zwei weitere Kriterien mitbringen. Erstens: Die Arbeitswelten müssen Orte der Identifikation sein, an dem Mitarbeiter den Geist des Unternehmens spüren und leben. Nur so bleiben Unternehmen einzigartig und können Mitarbeiter binden. Zweitens: Das Thema Nachhaltigkeit wird verstärkt in Gewerbeimmobilien und auch in die Köpfe der Planer und Entwickler einziehen. Die Sanierung von Bestandsobjekten wird ebenso in den Fokus rücken wie die allgemeine Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks.